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Das Geheime Fass

Das Geheime Fass

Geschätze Lesezeit: 9 Minuten
Nils Greese

Das letzte Fass einer verschwundenen Brennerei

Mit einer gehörigen Portion Glück und einer noch größeren Menge an Beharrlichkeit ist es mir gelungen ein dermaßen seltenes Whiskyfass einzukaufen, das allein die Tatsache das es überhaupt ein Fass dieser Brennerei auf der Welt gibt, die Sichtung eines Einhorns in den Schatten stellen dürfte. Denn normalerweise dürfte es dieses Fass überhaupt nicht geben. Wie ich zu diesem Fass gekommen bin und wo es die letzten 65 Jahre sein leeres Dasein tristete, erzähle ich Euch ein anderes Mal. Heute geht es um die Brennerei, wer sie gegründet hat und warum der letzte MaltMill 1962 aus den Brennblasen von Lagavulin strömte.

Wir vom Whiskyfässer Team nutzen das Wort selten wirklich ständig. Was sollen wir auch sonst sagen bei ca. 600 einmaligen Fassdeckeln und Fässern in unserem Lager. Was dieses Fass aber angeht, wäre das Wort selten, aber zu profan und würde dieses eine Whiskyfass nicht annähernd und gebührend beschreiben. Denn dieses Fass ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das einzige Whiskyfass auf dem unsrigen Planeten welches es von dieser nebulösen Brennerei noch gibt.

Der Name der Brennerei ist MaltMill und kaum jemand kennt diese Brennerei. Dies ist auch kein Wunder, denn die Malt Mill Brennerei wurde 1908 gegründet und 1960 geschlossen. 2 Jahre später floss der letzte MaltMill New Make aus den alten Brennblasen, die aber nun bei Lagavulin integriert waren. Ein weiterer Grund für die Unbekanntheit dieser Islay Brennerei liegt aber auch darin, dass es von Malt Mill keine herkömmlichen Brennereiabfüllungen als Single Malt gab da der Whisky ausschließlich für Blends genutzt wurde.

Wem diese ungewöhnlichen Aspekte noch nicht reichen, sollte sich mit der vorliegenden Fassgröße befassen. Da die Malt Mill Malts nur für Blends genutzt wurden, war es gängige Praxis, dass die eingesetzten Fässer besonders ausgewogenen Whisky reifen sollten und dies wurde ausschließlich mit 500Liter fassenden Sherry Butts gewährleistet. Dieses ist aber nur ein 55 Liter fassendes Sherry Octave Fass. Und auch diese Diskrepanz zwischen dem bisherigen Wissen und dem aktuellen Wissensstand macht dieses Fass so außergewöhnlich.

Zusammengefasst haben wir hier ein Whiskyfass einer Brennerei, die es seit über 60 Jahren nicht mehr gibt und von der es auch keine Flaschen oder sonstige Erinnerungen gibt und wir haben zudem eine Fassgröße die es auch gar nicht geben dürfte. Zumindest nicht von dieser Brennerei.

Doch wo kam es nur her und wer ist für seine lebhafte Vergangenheit verantwortlich?

Den Stein ins Rollen brachte Peter Mackie. Mackie wurde am 26.11 1855 in der Nähe von Sterling geboren und schon mit 23 Jahren arbeitete er mit seinem Onkel James Mackie und dessen Firma Mackie & Co im Whisky Business. Während seiner Arbeit lernte er John Graham kennen, dessen Familie die Lagavulin Distillery gepachtet hatte und genau dort lernte Mackie das 1X1 der Whiskyherstellung und wurde der Partner von Graham. Bereits kurz darauf im Jahr 1891 lies Peter Mackie den Namen „White Horse“ registrieren.

Das White Horse ist auch heute noch eine angesagte Adresse in Edinburgh mit einer Jahrhundertalten Tradition und auch die Familie Mackie hatte seinerzeit eine sehr lange andauernde Verbindung mit diesem Gasthaus aus der schließlich der Name resultierte.

Im Jahr 1885 wurde die Firma in eine Gesellschaft umgewandelt und Peter Mackie wurde deren Vorsitzender, der dann beschloss, sich an einer Brennerei zu beteiligen, um den Nachschub an Malt Whisky zu sichern. 1891 wurde Mackie dann Partner an der Craigellachie Distillery Co Ltd, die die gleichnamige Brennerei in der Speyside errichtete und deren vollständige Kontrolle er 1916 übernahm.

Whiskyfassdeckel aus der Craigellachie Whiskybrennerei aus dem Jahr 1989 mit der Fassnummer 1734

Bereits 1889 zog sich Graham aus dem Geschäft zurück und Mackie war alleiniger Inhaber der Lagavulin Brennerei. Mackie galt zu dieser Zeit als der bekannteste Brenner auf Islay und war offensichtlich ein kluger und äußerst agiler Geschäftsmann was ihm den Spitznamen „Restless Peter“ einbrachte. Zudem mischte er sich in diverse Kontroversen ein und war ein Verfechter gut und lange gereiften Whiskys. Ihm war zwar klar, dass junger Grain Whisky in Blends nötig war, aber er drängte auf eine Mindestreifezeit von 3 Jahren.

1920 erwarb Mackie auch die Hazelburn Distillery in Campbeltown, aber nur wenige Jahre später musste diese wegen der mangelnden Qualität 1927 wieder schließen.

Durch seine guten Verbindungen zur Laphroaig Brennerei arbeitete Mackie auch als Handelsvertreter für die nahegelegene Brennerei, aber nach einem heftigen Streit vor mehreren Gerichten mit der Laphroaig Eigentümer Familie Johnston gründete Mackie die MaltMill Distillery im Jahr 1908 und legte damit den Grundstein für das aktuelle Objekt der Begierde.

Whiskyfassdeckel aus der Lagavulin Whiskybrennerei aus dem Jahr 1971 mit der Fassnummer 5310

Mackie‘s Idee einer zweiten Laphroaig Brennerei auf dem Gelände der Lagavulin Brennerei war geboren. Der Name Malt Mill kommt daher, weil die kleine Brennerei in den Gebäuden einer ehemaligen Getreidemühle entstand. Die ursprüngliche Mälzerei und Darre blieben erhalten und Er nutzte für die Herstellung des nun eigenen Malt Whisky Torf zum Darren des Malzes und wollte so einen torfigen Whisky herstellen, der besonders zum Blenden gedacht war.

Mackie warb zudem Mitarbeiter von Laphroaig ab. Zum Maischen teilte er sich einen Maischebottich mit Lagavulin, die beiden kleinen Brennblasen hatten eine altmodische Form und zum Verdichten wurden traditionelle Worm Tubes anstelle moderner Kondensatoren genutzt. Der Whisky war wohl sehr vollmundig mit einem herrlich malzigen Bouquet der sich von allen anderen Islay Whiskys unterschied.

Mackie war der Meinung das sich sein Malt als Top-Dressing einen Namen machen würde und schon eine kleine Menge seines Destillates den Character eines Blends maßgeblich prägen könnte. MaltMill produzierte im traditionellen Stil einen traditionellen Whisky und das änderte sich auch in den nächsten 50 Jahren nicht.

Kurz vor dem Ende der Brennerei im Jahre 1958 wurden die ursprünglichen Schneckenkühler durch Kondensatoren ersetzt und die Kapazität lag seinerzeit bei 500 Butts pro Jahr, was ungefähr 250.000 Liter entsprach.

Als sich am Ende der 50er Jahre die Lagavulin Brennerei in einem sehr schlechten Zustand befand, wurde beschlossen die Brennerei zu modernisieren. Dies ging allerdings zu Lasten der MaltMill Brennerei. Das Lagavulin Brennhaus wurde abgerissen und neu errichtet und mit den alten Stills von MaltMill bestückt und somit war das Ende der MaltMill Brennerei besiegelt.

Zwar wurde in den ersten beiden Jahren der 60er Jahre in den alten MaltMill Brennblasen auch deren eigentlicher Whisky hergestellt, aber eigentlich war es schon ein Lagavulin. Im Juni 1962 war dann endgültig Schluss.

Auf Grund der Geschichte und der Einmaligkeit wird dieses Fass nicht den Weg in unseren Onlineshop finden. 

Euer Nils Greese